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Anforderungen des GEG an die Gebäudeautomation

am 01.10.2024 - 11:06 Uhr

Anforderungen des GEG an die Gebäudeautomation

Der Gesetzgeber hat erkannt, dass sich Energieeinsparungen in Nichtwohngebäuden nicht automatisch einstellen Daher hat er mit dem §71a im Gebäudeenergiegesetz (GEG) mehr oder weniger klare Vorgaben gemacht: a) für die technische Ausstattung von Gebäuden und b) für das Personal, das für die energetisch relevante Betriebsführung verantwortlich ist. Die Vorgaben zielen auf das Gebäudeautomationsmanagement ab, also auf das Energiemanagementsystem (EnMS) und die Management- und Bedieneinrichtung (MBE, umgangssprachlich auch GLT genannt), insbesondere auf deren Funktionen sowie auf das bedienende Personal.

Nachdem in den vorangegangenen Beiträgen dieser Serie zur technischen Umsetzung der Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) allgemeine technische Anforderungen (siehe cci273251) und das Gewerk Kühlung und raumlufttechnische Anlagen (siehe cci275128) erläutert wurden, beleuchtet dieser Beitrag, wie die Vorgaben des §71a konkret im Sinne des Energie- und Gebäudeautomationsmanagements zu interpretieren und umzusetzen sind.

Ausstattung mit digitaler Energieüberwachungstechnik

Für die Heizung und/oder Kühlung von Nichtwohngebäuden mit mehr als 290 kW thermischer Leistung schreibt §71a des GEG die Ausstattung mit digitaler Energieüberwachungstechnik vor, mittels derer

  • eine kontinuierliche Überwachung, Protokollierung und Analyse der Verbräuche aller Hauptenergieträger sowie aller gebäudetechnischer Systeme gewährleistet ist.
  • Anforderungswerte in Bezug auf die Energieeffizienz aufgestellt werden können.
  • Effizienzverluste der gebäudetechnischen Systeme erkannt werden können,
  • die für das Management zuständige Person über Verbesserungen der Energieeffizienz informiert werden kann.

 

Mit den funktionalen Anforderungen geht die im GEG vorgeschriebene digitale Energieüberwachungstechnik über die Anforderungen eines klassischen Energiemonitorings und -controllings hinaus, wie bereits in vielen Nichtwohngebäuden umgesetzt wird.

 

Abbildung 1: Funktionen der "digitalen Energieüberwachungstechnik" nach GEG §71a im Kontext eines Gebäudeautomationsmanagements (Abb. © ICONAG)

 

Kontinuierliche Überwachung und Energieeffizienz

Die geforderte Überwachungstechnik muss neben den Hauptzählern vielmehr auch die Zähler "aller" gebäudetechnischen Anlagen digital auslesen. Da der §71a die Anforderungen an eine Heizungsanlage formuliert, dürften mit "aller" auch separate Unterzähler für die energetisch besonders relevanten Energieverbräuche von Heizung, Warmwasser, Lüftung und Kühlung gemeint sein. Diese müssten dann mit über fernauslesbaren Zählern, zum Beispiel mit M-Bus, ModBus oder LoRa-Schnittstellen ausgestattet werden und über eine Software erfasst und gespeichert werden. Konkret will der Gesetzgeber die Anforderungen nicht benennen und lehnt leider auch weitere Ausführung dazu ab.

Damit die digitale Überwachungstechnik auch Anforderungswerte in Bezug auf die Energieeffizienz aufstellen und überwachen kann, muss es das System ermöglichen, dafür Kennzahlen als Anforderungswerte in Bezug auf die Energieeffizienz zu bilden und diese zu überwachen. Dafür muss das System neben den reinen Zählerdaten beispielsweise auch Informationen über Innen- und Außentemperaturen, sowie Vor- und Rücklauftemperaturen der LüKK-Systeme erfassen und speichern, sowie die Möglichkeit bieten, Bezugsflächen für den Energieverbrauch zu hinterlegen. Details dazu finden sich beispielsweise im Leitfaden "Energiemanagement in Kommunen. Eine Praxishilfe", der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH, Karlsruhe. Nur über die Kenntnis konkreter Zahlen können die Ist-Energieeffizienzen der Anlagen ermittelt werden und etwaige Effizienzverluste durch Vergleiche mit einem erwarteten Sollverbauch oder Benchmarks mit ähnlichen Gebäuden erkannt werden.

 

Automatische Systemmeldungen erzeugen

Insbesondere setzt die gesetzliche Anforderung auch voraus, dass die verantwortlichen Personen durch die Energieüberwachungstechnik über mögliche Verbesserungen informiert werden können. Dafür muss das System Meldungen erzeugen können und neben den Verbräuchen auch Informationen über den Zustand der Anlagen erfassen. Zudem muss es aufzeigen, wie die Anlagen aktuell zusammenwirken und was verbessert werden kann. Die dafür notwendigen Funktionen wie Alarm- und Eventmanagement, Trendanalyse, sowie die Visualisierung von Anlagen können als Teil des Gebäudeautomationsmanagements über eine Management- und Bedieneinrichtung bereitgestellt werden. Die Forderung des Gesetzgebers, die erhobenen Daten über eine gängige und frei konfigurierbare Schnittstelle zugänglich zu machen, ist am einfachsten auf der Managementebene durch die Nutzung klassischer Schnittstellen der Office-Programme wie CSV oder Excel zu gewährleisten. Inwieweit diese Management- und Bedieneinrichtung mit Energiemanagementsystem physikalisch im Gebäude installiert sein muss oder durch eine Aufschaltung auf eine zentrale Leittechnik oder eine Cloudlösung erfolgen kann, ist nicht explizit vorgeschrieben, so dass hier wahrscheinlich beide Wege möglich sind.

Auf Basis dieser Interpretation kann die in einem Beitrag von Prof. Michael Krödel zu den "Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzte (GEG 2024) an die Gebäudeautomation im Bereich der Heizung und Kühlung" gezeigte Übersicht über die Anforderungen in Bezug auf Ausrüstung mit "Energieüberwachungstechnik" und "Gebäudeautomationssystem" wie in Abbildung 2 dargestellt konkretisiert werden.

 

Abbildung 2: Erweiterte Übersicht über die Anforderungen "Energieüberwachungstechnik" und "Gebäudeautomationssystem" nach §71a GEG (Abb. © ICONAG)

 

Es empfiehlt sich, auch Nichtwohngebäude mit einer thermischen Anschlussleitung mit weniger als 290 kW, die mit einem System des Automatisierungsgrades B (siehe Whitepaper "Die gesetzlichen Anforderungen des GEG 2024 an die Gebäudeautomation von Prof. Krödel) und besser ausgestattet sind, über eine Management- und Bedieneinrichtung mit Energiemanagementsystem zu bewirtschaften. Das kann zum Beispiel durch eine Aufschaltung auf ein Zentralsystem für mehrere Liegenschaften erfolgen.

 

Anforderungen an das Personal

Über die technischen Anforderungen an die Energieüberwachung hinaus fordert das Gebäudeenergiegesetz auch, dass "zusätzlich eine für das Gebäude-Energiemanagement zuständige Person oder ein Unternehmen zu benennen oder zu beauftragen ist, um in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess die Potenziale für einen energetisch optimierten Gebäudebetrieb zu analysieren und zu heben".

Dies ist für viele Betreiber eine große Herausforderung, insbesondere weil in vielen Organisationen die technische Betriebsführung den Hausmeistern übertragen ist. Diese sind in aller Regel Gewerke-fremd. Sie sind keine Heizungs-, Lüftungs- oder Kühlungsfachleute und sind nicht auf eine energetisch optimale Betriebsführung geschult. Zudem liegt das Interesse der Hausmeister eher darin, einen konfliktfreien Betrieb mit zufriedenen Nutzern zu führen, als für eine energetisch optimierte Betriebsführung zu sorgen. Für die meisten Gebäude beziehungsweise die meisten Immobilienportfolios wird daher diese Forderung nur über eine Zentralisierung der technischen Betriebsführung umsetzbar sein. Ob hierfür eine eigene Abteilung mit Zugriff auf alle Gebäude über ein zentralen  Energiemanagement mit Gebäudeautomationsmanagement (MBE bzw. GLT) eingerichtet oder die Betriebsführung an externe Dienstleister übertragen wird, obliegt den jeweiligen Organisationen.

 

Praxisbeispiel: Gebündeltes Energiemanagement steigert Energieeffizienz

Ein positives Beispiel im kommunalen Umfeld ist die Energiedienstleistungsgesellschaft Rheinhessen-Nahe GmbH. In der bereits 1998 gegründeten Gesellschaft haben die Landkreise Mainz-Bingen, Alzey-Worms und Bad Kreuznach, sowie zahlreiche Verbandsgemeinden das Energiemanagement ihrer Liegenschaften gebündelt. Hier wurde die Verantwortung für einen energieeffizienten Betrieb der öffentlichen Gebäude an eine Gesellschaft in kommunaler Hand ausgegliedert und damit die Grundlage für kontinuierliche Verbesserung der Energieeffizienz geschaffen. Zugleich wurden dezentrale Energieversorgungsstrukturen aufgebaut.

 

Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das GEG den energieeffizienten Betrieb von Nichtwohngebäuden mit konkreten Vorgaben ernsthaft sicherstellen will. Die hier aufgeführten Vorgaben werden nach der aktuellen Fassung der Energy Performance of Buildings Directive (EPPD) spätestens ab 2030 auch für Nichtwohngebäude mit einer thermischen Anschlussleitung von 70 kW gelten. Dieser Wert wird als EU-Direktive auch Bestandteil der nächsten Fassung des GEG sein. Letztlich ist festzuhalten: Die Umsetzung der Vorgaben des §71a des Gebäudeenergiegesetztes ist dringend notwendig, um die bis 2045 gesteckten Klimaziele im Gebäudesektor erreichen zu können.

 

*Christian Wild ist Geschäftsführer der Iconag Leittechnik GmbH in Idar-Oberstein, einem Softwareunternehmen für herstellerneutrale Gebäudeleittechnik, Energiemanagement und Digitalisierung im technischen Gebäudemanagement. Wild war unter anderem acht Jahre Leiter des Regionalkreises Rheinland-Pfalz-Saarland der German Facility Management Association (GEFMA) und ist Mitglied im VDI- Richtlinienausschuss zur Novelle der VDI-Richtlinie 3814. Des Weiteren ist er Lehrbeauftragter für Gebäudeautomation an der Hochschule Mainz und aktives Mitglied im Gutenberg Digitalhub in Mainz. (Abb. © Iconag)

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